Der Tränenpalast

Der Auftakt zu einer neuen Reihe

Fehler sind das Tor zu neuen Entdeckungen.

Der Tränenpalast ist der erste Band der Reihe »Der Zirkel der Phantanauten«. Jede Erzählung des Zyklus ist zwar eigenständig, ganz besonders diese eignet sich jedoch besonders als Einstieg, weil der Leser hier etwas mehr Hintergrundinformationen über den Phantanautenzirkel erhält.

Inhalt
Das Geheimnis der Leierkastenwelt

Irland 1893 — Jim hängt bäuchlings über einer Schulbank und zählt laut die Schläge, die ihm sein Lehrer aufs Hinterteil verabreicht. Die Ordensbrüder auf der Dubliner O’Connell School sind streng. Trotzdem verrät Jim nicht, warum er erst in der vierten Schulstunde zum Unterricht erschienen ist. Er hat nämlich am Morgen zwischen den Wurzeln eines alten Baumes einen geheimnisvollen Gegenstand gefunden, ein goldfarbenes, gewölbtes Metallteil, auf dem sich rätselhafte Linien, fremde Schriftzeichen und glitzernde rote Rubine befinden. Es könnte sich um das Bruchstück eines kugelförmigen Navigationsinstruments handeln. Sobald die Strafe vollzogen ist, sucht Jim seinen an Jahren vorgerückten Freund Christopher Cox in dessen Büro im Herzen von Dublin auf. Der für die Irish Times schreibende Zeitungsmann ist überrascht, ja, geradezu erschrocken, als er Jims seltsamen Fund sieht. Offenbar hat Mr Cox ein solches Teil schon früher einmal gesehen. Er verspricht Jim, ihm bei der Suche nach dem rechtmäßigen Eigentümer des bronzenen Teils zu helfen.

Wenig später bekommt Jim einen Brief aus Loughrea, einem kleinen Ort an den Gestaden des Loch Riach. Der Legende nach haust in dem »Grauen See« ein Ungeheuer. Das Schreiben stammt von Lord Seanan Alistair. Der Adlige lädt Jim auf seine Burg zu einem Erzählreigen ein. Jeden Sommer treffen sich zu diesem Anlass auf Brenden Castle bis zu zwei Dutzend Jungen und Mädchen, die mindestens das zwölfte Lebensjahr begonnen und das einundzwanzigste noch nicht beendet haben. Vieles in dem Brief klingt verwirrend für Jim und weckt zugleich seine Neugier:

Mit großer Freude habe ich zur Kenntnis genommen, dass Ihnen ein Teil des Phantalabiums zugefallen ist. Vermutlich werden Sie mit dieser Erklärung nicht viel anfangen können, doch seien Sie versichert: Ihnen ist damit eine große Ehre widerfahren. Nur junge Menschen mit außergewöhnlicher Begabung werden vom Phantalabium ausgewählt.«

Jim möchte gerne mehr über dieses Phantalabium erfahren und seine Eltern stimmen der Reise nach Loughrea zu. Das Treffen der jungen Erzähler sei »ein munterer Wettstreit von Gleichgesinnten«, schreibt Lord Alistair in seiner Einladung, »zu denen hoffentlich auch Sie bald gehören werden.« Bald wird Jim erfahren, dass hier vom Zirkel der Phantanauten die Rede ist, den Weltenbaumeistern oder Weltenschöpfern.

Auf der Zugfahrt ins Gallway County lernt Jim ein Mädchen namens Lena kennen, das ebenfalls eine Einladung von Sir Alistair bekommen hat. Die zwei entdecken schnell Gemeinsamkeiten wie das Erfinden und Erzählen von Geschichten und freunden sich an. Zusammen werden sie wenig später auf der uralten Burg den Weltenschöpfern als Neophyten vorgestellt, das sind Anwärter auf einen festen Platz im Zirkel der Phantanauten. Nach dem Begrüßungsfestmahl muss Jim eine Nacht in der Kammer der Weltenbaumeister verbringen, um - so die Erklärung des Lords - dem Meer der Träume Neuland abzutrotzen. Tatsächlich träumt Jim in der folgenden Nacht von einer Welt namens Rád. Darin scheint nie die Sonne, nur ein ringförmiger Mond erhellt das Land, ein Reich, in dem alle Farben gedämpft sind. Über einen See, der aus flüssigem Licht zu bestehen scheint, ragt eine Klippe auf und an deren Spitze hängt ein monströser Palast, der wie ein kopfstehender Tropfen Pech aussieht.

Am folgenden Morgen soll Jim beweisen, ob sein Traumreich echt ist. Ihm wird eine Sicherungsleine um den Leib geschlungen und dann muss er in den Grauen See steigen. Bald steht ihm das Wasser bis zum Hals. Als er endlich untertaucht, sackt er wie ein Stein in die dunkle Tiefe. Doch plötzlich wird es wieder hell um ihn herum. Jim taucht in einem See auf, der aus flüssigem Licht zu bestehen scheint. Er befindet sich in Rád, der von ihm geschaffenen Welt.

Es dauert nicht lang, bis Jim den ersten Bewohnern von Rád begegnet. Ein gnomenhafter Zwerg namens Morio weiht ihn in die Geheimnisse der »Leierkastenwelt« ein. Sie wird von Perpeto regiert. Der König achtet streng darauf, dass sich in seinem Reich alles wiederholt. Nichts Neues darf sich in Rád verbreiten. Deshalb will er auch die »Quelle der Erleuchtung« - den strahlenden See - vergiften, um so das Tor zu anderen Welten endgültig zu schließen. Hierzu hat Perpeto einen hinterhältigen Plan ausgeheckt: Er entführt Kinder und rührt sie zu bitteren Tränen. Diese rinnen aus seinem Palast und fallen als schwarze Tropfen in den See.

Während Morio noch von den üblen Machenschaften Perpetos erzählt, schlägt das Wasser des Sees um. Es wird so ätzend, dass Jim nicht mehr in die Quelle steigen kann, ohne sich darin aufzulösen. Nur, wenn er Perpetos Machenschaften durchkreuzt, kann er in seine eigene Welt zurückkehren. Hierzu macht sich Jim auf den Weg zum Tränenpalast, um dort die gefangenen Kinder zu befreien. Alle Mutigen, die dies bisher versuchten, sind gescheitert. Sie wurden gefangen, als Narren gebrandmarkt, ihrer Beine beraubt oder sogar umgebracht …

»Der Tränenpalast«
Der Tränenpalast (Erstausgabe von 2008)

Vom Klassik Radio empfohlen
Fehler sind das Tor zu neuen Entdeckungen.

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»Der Tränenpalast«
Der Tränenpalast (Erstausgabe von 2008)

Ein Roman für Querdenker

Vordergründig ist Der Tränenpalast lediglich ein spannendes Stück Phantastische Literatur. Ganz in der Tradition des Genres besitzt er darüber hinaus eine Bedeutungsebene, die sich der Leser erschließen kann, so er denn will. Im Tränenpalast geht des um ideologischen Dogmatismus. Die Hauptfigur ist der irische Schriftsteller James Joyce, der aus seiner besonderen Lebenssituation heraus damit konfrontiert war und dessen Biografie eine Antwort darauf darstellt. Eltern, Erzieher, Lehrer und Leser, die es ganz genau wissen wollen, klicken für weiterführende Hintergrundinfos bitte hier.

Der Tränenpalast
Der Tränenpalast
(Carlsen-Taschenbuch von 2011)